Marathon ohne Laufschuhe- 2 LC`ler beim ÖRM

Der Ötztaler Radmarathon gilt als einer der härtesten Rennen dieser Art und als inoffizielle Weltmeisterschaft für Amateure. Auf 227 Kilometern sind 4 Alpenpässe und insgesamt 5500 Höhenmeter zu meistern. Über 20tsd. Menschen aus aller Welt bewerben sich alljährlich auf die gut 4000 Startplätze.

In diesem Jahr waren mit Stefan Malo (4.Teilnahme) und Wolfram Böcher (Debut) auch 2 LC`ler am Start. Am 1. September fiel um 6.30h der Startschuss in Sölden. Nun hat man 14 Stunden Zeit die für den Autoverkehr gesperrte Strecke zu absolvieren. Wer nicht rechtzeitig an 3 Kontrollpunkten ist oder hinter den Besenwagen zurückfällt, ist raus. Das Wetter spielte ganz gut mit und so ging es in rasendem Tempo die ersten 30 Km leicht bergab zum Örtchen Ötz. Dem obligatorischen „Ich zieh mal eben im Stehen meine Windjacke vor dem Anstieg aus“- Megastau, konnten beide zum Glück entgehen. Es folgte der 18Km lange, 1200Hm hohe und bis zu 18% steile Anstieg zum Kühtai-Pass. Noch voller Adrenalin stellte er für die Jungs keine Schwierigkeit dar. Zumal die Sonne aufging, die Zuschauerspaliere und der Kamerahelikopter echtes Tour de France Feeling vermittelten. Planmäßig ließen beide die 1. Labestation (umfangreiche Verpflegung) aus und bretterten nach Innsbruck hinab. Hier war es dann mal etliche Km recht flach und dann folgte die leicht ansteigende Straße zum Brenner-Pass. 777Hm auf 37,5Km erlauben hohe Geschwindigkeiten. Vorausgesetzt man findet eine gute Gruppe. Stefan und 7 weitere führungswillige Biker zogen mit knapp 30km/h etwa 200 Windschattenfahrer, sogenannte „Lutscher“ hinter sich her. Die Folge dieser harten Arbeit sollte Stefan am nächsten Aufstieg zu spüren bekommen. Wolfram ging es kaum besser. Mit 27er Schnitt und nur zu sechst war an Erholung nicht zu denken. Seinen Tribut musste er am letzten Anstieg zahlen. Am Brenner gut verpflegt, rast man ins sonnig warme italienische Sterzing. Aber nur um unvermittelt wieder aufs kleine Blatt zu schalten und die leichtesten 2 Gänge zu bemühen. Der Jauffen-Pass mit 15Km Aufstieg und 1130Hm. Teilweise auf Schotter, denn die Straße wurde nicht rechtzeitig fertig. Überhaupt ist die größte Angst immer die vor einem Sturz oder Defekt. Der Besenwagen war für beide kein Thema und das Ankommen eigentlich auch nicht. (Achtung Arroganz!) Aber immerhin erreichten etwa 380 Fahrer das Ziel und das damit verbundene ersehnte FinisherTrikot nicht. Zurück zum Rennen. Am Jauffen nahm sich Stefans Körper eine Auszeit und es war keine gute Erfahrung ständig überholt zu werden. Wolframs Körper warf seine ganze Ultraerfahrung in die Waagschale. Da er recht sicher der einzige Starter ohne Uhr und Tacho war, konnte er sich völlig auf die endlosen Serpentinen konzentrieren und man soll ihn sogar lächeln gesehen haben. Nach erneuter Labung spielte Stefan auf der Abfahrt sein ganzes Können aus. Wie im Slalom schießt er ins Tal nach St. Leonhard. Wo er letztlich seine Maximalgeschwindigkeit von 103Km/h !!! erreichte bleibt ungewiss.

Beide haben jetzt etwa 170 Kilometer hinter sich und stehen vor der letzten großen Prüfung: Dem Timmelsjoch- 31Km lang und 1724Hm hoch bis auf 2474m über NN. Stefan hat sich erholt und spult die Kilometer souverän ab. Nach der Tunneldurchfahrt ist es aber vorbei mit dem italienischen Sommerwetter. Auf der österreichischen Seite gerät er in Hagel-und Sturmschauer und muss die restlichen 30Km Abfahrt bis Sölden durchnässt und vorsichtiger zurücklegen.

Derzeit befindet sich Wolfram noch am Aufstieg zum Timmelsjoch. Da es nicht flacher wird setzt er seinen Vorsatz: „wenn`s nach der nächsten beschissenen Kehre immer noch so steil ist, steig ich ab“ spontan um, steigt aber nach 200m Fußmarsch wieder auf. Denn der Gipfeltunnel tut sich vor ihm auf. Und da er ja erwartungsgemäß einiges langsamer ist als Stefan, erhält er zur Belohnung nur Nebel und nasse Straße und kein Unwetter. Allerdings muss er sich in der Abfahrt auf der Straße galoppierender Rinderherden erwehren. Kalt und glücklich erreichen beide das Ziel. Zeiten: Stefan 9h39- Wolfram 10h39.

Wer braucht da noch Laufschuhe, wenn es doch so unvergessliche Radmarathons gibt?

Categories: Allgemein

0 Comments

Schreibe einen Kommentar

Avatar placeholder

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert